Stereoskopie – ohne geht nichts
Der Erfinder des Spiegelstereoskops war gelernter Musikinstrumentenbauer: Sir Charles Wheatstones. 1834 wurde der erfindungsreiche Tüftler Professor für Experimentalphysik und 1838 präsentierte er sein erstes Stereoskop. Damals natürlich mit Grafiken, die Fotografie war ja noch nicht erfunden.
Wheatstone Spiegelstereoskop von 1838 (Quelle: wikimedia commons)
Zum Leben erweckt
Die Möglichkeit, Tiefe und Realismus in 2-D-Bilder zu bringen, war damals revolutionär. Die Technik löste in der Folge eine neue Dimension des Sehens aus. Für die „Unterhaltungsindustrie“ entstand ein neuer Sektor. Als Vorläufer des Kinos besaß die stereoskopische Betrachtung eine hohe Anziehungskraft.
Nachbildung eines Holmes-Stereoskops (Quelle: wikimedia commons, Davepape)
Für die breite Masse entwickelte der Amerikaner Oliver Holmes 1850 einen Handbetrachter. Anders reagierte der Berliner Geschäftsmann August Fuhrmann auf die steigende Popularität der Stereoskopie. 1889 hatte er 38 Filialen in europäischen Großstädten eröffnet und 1909 besaß er über 250 „Kaiser-Panoramen“ mit 150.000 Stereoskopien, dank derer er ein zweimal wöchentlich wechselndes Programm anbieten konnte.
Für mehr Details und Genauigkeit
Für die Wissenschaft ist die technische Ermöglichung von Tiefendimension für zweidimensionale Bilder heute wichtiger denn je. Wheatstones bahnbrechende Erfindung ist heute eine unverzichtbare Anwendung zur Datengewinnung durch die Bildanalyse und Bildverarbeitung.
Spiegelstereoskop von Zeiss (Quelle: wikimedia commons, Wschmock)
Bei unseren Vorerkundungen auf Kampfmittelverdacht werten wir sehr viele Kriegsluftbilder aus. Das ist ein zentraler Bestandteil der Begutachtung von Untersuchungsflächen. Dafür bedienen wir uns nach wie vor der bald zweihundert Jahre „alten“ Technik.
Das stereoskopische „Untersuchen“ der Luftbilder ist deshalb so extrem wichtig und für eine qualitativ hochwertige Auswertung unerlässlich, weil sich durch die Dreidimensionalität schon relativ kleine Höhenunterschiede, Vertiefungen oder sonstige Geländeveränderungen gut erkennen lassen. Der Punkt auf dem Bild ist dann beispielsweise eindeutig ein Heuhaufen und kein Loch im Boden oder gar ein möglicher Blindgängerverdachtspunkt.
Mittlerweile gibt es diese Betrachtungstechnik auch für die Anwendung am Bildschirm. Voraussetzung ist die Digitalisierung der analogen Luftbilder aus dem Zweiten Weltkrieg. Diese wird bei uns für den gesamten Eigenbestand an Luftbildern kontinuierlich umgesetzt.
Stereoskopie auf dem Smartphone
Das GIF (Graphics Interchange Format) einer stereoskopischen Darstellung funktioniert, indem es die beiden Bilder, die für eine konventionelle stereoskopische Betrachtung nebeneinander angeordnet sind, schnell hintereinander abspielt. Diese Animation erzeugt eine Illusion von Tiefe, da unser Gehirn die schnellen Wechsel der Perspektiven als Bewegung interpretiert und so der 3-D-Effekt entsteht.
Hier die Burg Hohenzollern als GIF. Grundlage sind zwei Bilder der Burg, aufgenommen in leicht unterschiedlichen Blickwinkeln. Im schnellen Wechsel dieser zwei Bilder entsteht die Tiefenwirkung, die wir beim Betrachten als 3D wahrnehmen.
Der Trick mit der Kinobrille: die Anaglyphen-Darstellung
Eine Anaglyphen-Darstellung verwendet zwei übereinander gelegte Bilder, die in unterschiedlichen Farben eingefärbt sind. Normalerweise werden die Farben Rot und Cyan verwendet. Um dann diese farblich präparierten Bilder in 3D zu betrachten, braucht man die spezielle Anaglyphenbrille.
Diese ist mit einem roten Filter vor dem einen Auge und einem blau-/cyanfarbenen Filter vor dem anderen ausgestattet. So sieht jedes Auge nur das eine Bild, das für es bestimmt ist. Und unser Gehirn legt die beiden Bilder übereinander und es entsteht beim Betrachten der Eindruck von Tiefe und Dreidimensionalität.
3-D-Brille (Quelle: wikimedia © creativecommons)
Und jetzt bitte die 3-D-Brille aufsetzen!
Zerstörte Gebäude in Mannheim 1945
Burg Hohenzollern bei Hechingen 1945
Es können natürlich nicht nur Luftbilder als Anaglyphenbild dargestellt werden. Das funktioniert mit jedem Objekt, welches aus zwei leicht unterschiedlichen Winkeln aufgenommen wurde.
Stereoskopie und KI
Zur kontinuierlichen Weiterentwicklung der stereoskopischen Techniken gehört auch die Integration neuer Technologien wie künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen. Die neuen Möglichkeiten werden teilweise schon in der Luftbildauswertung angewendet. Diese Entwicklungen tragen dazu bei, dass wir unseren Kunden noch genauere und detailliertere Analysen liefern können.
Ein aktuelles Beispiel zum Thema Genauigkeit lesen Sie hier.